Hallo,
ich habe mich erstmals - für meine Verhältnisse grob überschlägig - mit Rollern beschäftigt. Evtl. wäre das für mich als Alltagsgefährt, als vermeintlich günstiges Verkehrsmittel ab 2019 eine Option.
Nun habe ich aber sehr lange Beine und Roller sind - wie leider auch fast alle Motorräder - ergonomisch komischerweise festgelegt und nicht anpassbar wie Fahrräder (verschiedene Rahmengrößen, Geometrien, vielfache Anpassung von Sattel, Lenker und Vorbau) oder PKW (einstellbarer Sitz und Lenkrad).
Ich wundere mich immer noch, dass dies kein Hersteller mal ändert und hier verschiedene Größen eines Typs für unterschiedliche Fahrerstaturen samt Anpassungen vorhält. Offenbar hat das niemand nötig.
So habe ich erstmals bei einer diesjährigen Messe ernsthaft Probe gesessen auf einigen Rollern. Wie das dann aussieht, sieht man im folgenden Bild, hier auf einem Piaggio Liberty, maximaler Lenkeinschlag, ich hatte sogar flache Schuhe an, die Armatur klemmt am Bein:
Beine_Liberty.jpg
Zur Einordnung: Ich bin zwar nur gut 1,90m, aber meine Beinlänge ist überdurchschnittlich (Innenbeinlänge knapp 95cm), dafür ist der Oberkörper wie bei einem gut 1,80m großen Mann (Armspannweite 1,83m).
Viele Roller sehen bei mir so aus wie der Liberty, es gibt aber gute Ausnahmen wie die Vespa GTS, bei der ich in normaler Beinhaltung fast voll einschlagen kann ohne gegen das Bein zu kommen.
Woran liegt also der Unterschied? Im wesentlichen an dem Niveauunterschied zwischen Lenkergriff und Trittbrett, wobei es natürlich sehr flache Trittbretter gibt oder welche, die nur eine kleine tiefste Stelle haben, der Fuß aber durchschnittlich höher liegt. Bspw. wieder Vespa topp und eine Honda PCX mit enorm niedrigen Trittbrett (nur 270mm hoch) eher flopp, denn weiter vor und hinter den 270mm geht es hoch. Weiterhin kommt es auch auf den Kniewinkel an (der ist bei mir aber auch bei Sofarollern nie über 90Grad) oder Lenkwinkel (wenn flacher, dann kommen die Griffe tiefer beim Einschlagen) und Lenkerbreite.
Die Sitzhöhe ist hingegen unwesentlich, sie ist bei mir immer unter Kniehöhe und man kann sich mit allem arrangieren. Nur nicht damit, nicht lenken zu können.
Also habe ich mir einen Rollerkatalog gekauft und dort mal (leider wohl nicht verlässliche Angaben, da diese auch von den Anbietern immer wieder variieren) den Niveauunterschied von Trittbrett und Lenkerhöhe verglichen.
Und siehe da: Der Piaggio Liberty hat einen sehr niedrigen Lenker (990mm), also trotz flachem Trittbretts (300mm) mit 690mm Niveauunterschied viel zu wenig Platz für Große.
Eine Vespa GTS 125 hat einen noch flacheren Boden (290mm) und einen 60mm höheren Lenker, so dass sich 70mm mehr Niveauunterschied ergibt (760mm). Der Platz der GTS reicht mir fast, als Ideal würde ich mind. 780mm ansehen.
Davon habe ich vier Modelle im ganzen Katalog gefunden:
50er: Kymco Grand Dink 50, sehr hoher Lenker (1120mm), Trittrett 330mm, Differenz 790mm
125er: Vespa 946, 1080/300/780
>125er: Kawasaki J300, 1090/310/780; Kymco People GT350, 1080/300/780; Quadro 4 (Vierrad-Roller), 1120/330/790.
Das war es. Also eine sehr dürftige Auswahl für Große. Gerade bei Komfortrollern ist allerdings die Sitz- oder Fußposition so, dass auch der ein- oder andere mm weniger okay ist. Das muss jeder selbst testen. Wer rechtzeitig vor Lenkeinschlag sein Knie immer ausklappen kann, mag da auch Kompromisse eingehen.
Zusätzlich gibt es bei Rollern mit unverkleidetem Rohrlenker wie einer Honda PCX die (potentielle) Möglichkeit einer Lenkererhöhung, zudem ist hier konkret (PCX) das Trittblech mit 270mm sehr niedrig (leider eben nur zum Teil), der Lenker liegt in der Serie bei 1030mm (Differenz 760mm). Mit 20 oder 30mm Erhöhung dürfte der Roller auch für Große nutzbar sein.
Dennoch finde ich die Ergonomie extrem dürftig, ich bin ja kein Riese. Bei Elektrorollern ist es ebenfalls so, da fehlen oft noch die technischen Daten zu Höhen, aber wenn bspw. im Trittbrett die Akkus sitzen und man obendrauf die Füße stellt, bräuchte es einen enorm hohen Lenker. Ganz ordentlich ist die Elektro-Schwalbe, bei der ich Probe gesessen habe (niedriges Trittblech rechts und links des Akkus, hoher Lenker, vergleichbar mit Vespa GTS), da stören nur linksrum (deutlich weiter einzuschlagbarer Lenker als rechts) die Ochsenaugenblinker.
Auch der Torrot aus Spanien oder der kommende Peugeot GenZe wären Elektroroller für Größere, die beiden Ersteren (Schwalbe, Torrot) werde ich wohl dieses Jahr mal als Mietroller fahren und hoffentlich einen Fahrbericht hier einstellen.
Derzeit würde ich aber v.a. wegen der passenden Ergonomie eher zu einem E-Bike (egtl. Pedelec) tendieren, ich müsste rund 35km täglichen Stadtverkehr abdecken, da wäre ein Roller zwar wettertechnisch und fahrtdauermäßig besser, aber ich möchte auch gut sitzen können, ein E-Bike hätte darüber hinaus einen guten Freizeitwert.
Ein passender Elektroroller wäre auch gut, der Akku muss aber sehr schnell ausbaubar sein (nicht wie bei der Schwalbe), damit er a) nicht im Sommer auf über 50 Grad in der Sonne erhitzt wird und b) tagsüber oder abends extern geladen werden kann.
Ein Roller wie der PCX mit Lenkererhöhung (niedriger Verbrauch, günstiger Preis) wäre eine ökonomisch interessante Alternative, dieser hat aber leider einen extrem hohen Wartungsaufwand (im Vergleich zur Forza bspw). Und selber schrauben am Roller würde ich als Lustfaktor ungefähr so empfinden wie Dreck unter den Fußnägeln rauspopeln.
Ein guter Schluss für so einen Beitrag.