Massakriertes Gewinde im Motorblock

  • Liebe Mitlesende,

    ich hänge bei der Überholung meines Motors gerade daran fest, dass mir eine der Schrauben vom Seitendeckel kupplungsseitig korrodiert und abgeschert ist. Beim Versuch sie - absolut unfachmännisch - heraus zu bohren habe ich im Gewinde ein ziemliches Unheil angerichtet, so dass ich nun zwei Probleme habe: Ein etwa 5 mm langes verbliebenes Stück der Schraube in einem tiefen, bereits verhunzten Loch:

    IMG_20210516_170715.jpg


    Der ursprüngliche Ansatz neben Hitze und WD40 war, ein kleines Loch in die Schraube zu bohren, um den Schraubenextraktor darin zu platzieren, das Material der Schraube war aber so hart, dass ich paar Mal abgerutscht bin und den Extraktor gar nicht reinbekommen habe. Linksbohrer brachte auch nur mehr Schade, weil immer abgerutscht. Weiter rein bohren möchte ich nicht, da ich befürchte darin noch mehr kaputt zu machen. Ich muss nun eingestehen, dass mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln und Fähigkeiten hier nichts mehr zu gewinnen ist. Das Ganze von einem Fachbetrieb aufarbeiten zu lassen sprengt völlig den Rahmen der ohnehin schon nicht ökonomischen Restauration. Auf die Schraube verzichten und mit viel Dichtmasse darum herum pfuschen möchte ich eigentlich nicht, zumal ich glaube, dass das dann nicht wirklich dicht wird, bin aber vollkommen ratlos, ob ich noch andere Optionen habe?

    Danke für Tips und VG,

    Ed

    Honda CB250G * BJ 1974
    Moto Guzzi California II * BJ 1982
    Simson Schwalbe KR 51/2 * BJ 1981

  • Bin ich wirklich mal schneller als Jörg ;-))

    Wo kommst Du her? Mit einer Ortsangabe kann man Dir besser helfen!

  • München

    Honda CB250G * BJ 1974
    Moto Guzzi California II * BJ 1982
    Simson Schwalbe KR 51/2 * BJ 1981

  • Wirklich knifflig.

    Wenn der Stummel raus ist, bietet sich ein Helicoileinsatz an.

    Das eigentliche Problem ist natürlich den Schraubenrest rauszukriegen.

    Wenn's mein Bike wäre würde ich versuchen eine kutze 3.2mm Elektrode dranzuheften.

    Ist aber knifflig und kann genausogut schiefgehen...

    If it ain't broken, don't fix it.

  • Vielleicht lässt sich fachmännisch doch noch was Ausbohren ;) . Cobaltbohrer, Bohrwasser, Drehzahl beachten, Erhitzung vermeiden (Pausen). Wäre schön, wenn man danach einen mechanischen Schlagschrauber, mein erprobtes Allheilmittel, mit einem großen Schraubenausdreher kombinieren könnte, aber ich kenne keine Adapter Vierkant auf Sechskant.


    Wenn alle Stricke reissen und das Gewinde endgültig versaut ist, mag ja sauber größer bohren und Helicoil helfen. Keine eigene Erfahrung.


    Puffing Bill: ist das Gehäuse nicht Aluminium? Da würd' ich mich nicht trauen, in dem Loch zu schweissen. Dann eher irgendwie einen Schlitz mit Dremel und Diamant-Frässtab reinfräsen und mit, wie gesagt, dem Schlagschrauber drangehen. Da braucht man nicht mit Kraft draufzuhauen, viele kleine Schläge mit einem bescheidenen Hämmerchen haben's bei mir immer noch getan.

  • Jetzt ist es eh schon zu spät. Aber festsitzende Schrauben darf man immer nur mit einem nicht allzu hohen Drehmoment aufschrauben. Wenn es nicht geht muss axial gehämmert werden, gleichzeitig zum mässigen Drehmoment.


    Das heisst auch du könntest die Schraube ausdrehen probieren mit Schlitzschraubendreher der hinten durchgehend Metall am Kopf hat. Hinten draufklopfen und mässig drehen. Die Kanten des Schlitzschraubendrehers greifen im Kegel des Bohrloches.

  • Könnte hinhauen. Das ist dieselbe Methode, wie ich sie "automatisch" vom Schlagschrauber her kenne. Die Dinger sind (mit etwas mehr Plastik...) immer noch im Versand erhältlich, hier ist einer anscheinend noch aus Metall und trotzdem nur um 13 Euro: https://www.akf-shop.de/pflege…schlagschrauber-1-2-zoll/ .

    Ich weiss nicht, wie sie funktionieren können, aber sie tun's. Der Hammerschlag (wie gesagt, bitte ganz leicht und dafür meinethalben schnell wie ein Specht) wird offensichtlich in eine Drehbewegung umgesetzt, und zwar mit der Masse (Massenträgheit) des Schlagschraubers als Gegendruck. D.h. gleichzeitig wird die Schraubenzieher-Klinge in den (Behelfs-)Schlitz gehämmert, sodass er im Moment des Hammerschlags nicht rausflutscht, und mit einem sehr starken Impuls um einen ganz winzigen Betrag gedreht. Das ist ein zusätzlicher Kraftimpuls zu der Methode, auf einen herkömmlichen Schraubendreher zu hämmern und mit Handkraft zu drehen.


    Bemerkung: Was ich oben schrieb, Vierkant-Adapter, war Blödsinn und betraf Sechskant-Nüsse. Dafür besitze ich sogar einen Adapter, erfolgreich schon angewandt.

  • Einen feinen Körner nehmen und dann links herum raustreiben mit Hilfe eines Hämmerchens.Zuvor "Kriechöl"(Nähmaschinenöl oder ähnlich dünnes Zeug aber harzfrei) am besten einige Tage einwirken lassen und dann viel Zeit und Geduld beim hämmern. So haben wir schon viele raus getrieben wenn die Möglichkeit nicht bestand eine kleinere drauf zu schweißen und dann raus zu drehen.

    Grüße Michael


    Wünsche euch daß Ihr immer heile ankommt :dafürx:


    Mein Spaß steht im Vordergrund :wink1:

  • aber ich kenne keine Adapter Vierkant auf Sechskant.

    ... ich schon, der war nämlich bei meinem Schlagschraubersatz dabei .... Haken ist lediglich, die zugehörigen Bits aller Art sind 8 mm.

    Sei es drum!


    Ich sehe als einzige selbst machbare Möglichkeit, mit Dremel o.ä. an der dünnsten Stelle (ca ~ 4 Uhr) so weit auszuschleifen, dass nur noch ein Hauch von Wandung stehen bleibt und dann versuchen die verbliebenen Gewindegänge mit einem sehr spitzen Stahldorn aus dem Block auszufriemeln.
    Dann noch eine Kerbe an ca ~ 12.00 Uhr einschleifen und mit einem Durchschlag und sehr viel Geduld den Bolzenrest gegen den Uhrzeigersinn klopfen.


    Ich habe mir schon entsprechende Torx linksdrehend scharfkantig geschliffen, eingeschlagen und dann ausdrehen können, aber dazu scheint mir rechts unten schon zu wenig "Fleisch" übrig geblieben zu sein, dann könnte so eine Aktion sogar kontraproduktiv sein. Müsste man halt selbst anschauen können.


    Fürs nächste Mal, nie ohne Zentrierhilfe zu bohren versuchen.

    Bestes Beispiel sind die Belagbolzen in Bremssätteln. Wenn der Inbuskopf noch vorhanden ist, die Sechskantöffnung mit einem Zentrierbohrer .auf 6 mm aufbohren und dann in 1/2 mm Schritten weiter aufbohren und auch mit Gewindschneidern arbeiten. Das dünnt das Material des festsitzenden Schraubenkopfs weiter aus. Und ansonsten möglichst Linksbohrer verwenden, da kommt so manche abgerissene Schraube freiwillig raus.

  • Danke für Eure rasche Hilfe und die Tipps! Ich geh damit kommende Woche nochmal ran, das Problem, das auf dem Bild evtl nicht ganz sichtbar ist, ist dass die Schraube nicht gerade abgeschert ist, sondern durch die nicht zentrierte Bohrung zwar rechts im Bild das Gewinde bereits defekt ist, aber links noch Reste des harten Metalls der Schraube im Gewinde hängen.

    Wenn es auch mit Euren Tipps nicht geht, werd ich wohl in den sauren Apfel beissen müssen und das mal einem Profi vorbei bringen.

    Guten Wochenstart und viele Grüße!

    Honda CB250G * BJ 1974
    Moto Guzzi California II * BJ 1982
    Simson Schwalbe KR 51/2 * BJ 1981

  • Ich bin ja selber Freund der Hanschlagschraubendreher für einen Schraubenausdreher würde ich ihn aber eher nicht benutzen.

    Egal womit sich jemand unglücklich machen möchte, Adapter gibt es in Hülle und Fülle. Der einzige der etwas seltener verbreitet ist, ist 5/16 Zoll (männlich) Innensechskant auf 1/2 Zoll Vierkant (männlich). Für 5/16 Zoll entsprechend knapp unter 8mm passt ein 8 mm meistens halbwegs, muß aber nicht.

    Ich würde aber keine Adapterfaxen machen, da es Handschlagschrauber entweder mit einen 1/2 Zoll Vierkant oder einen 5/16 Zoll Innen Sechskant gibt.

    5/16 Zoll sind die meisten Handschlagschrauber, 1/2 Zoll gibt es zB von KS für ca 35 Euro, Gedore für ca 40 Euro oder Facom regulär für 120Euro (wird aber auch mit erheblichen Rabatt angeboten)

  • ... wenn Du bohren willst, keinesfalls normal geschliffene Bohrer verwenden, die laufen unweigerlich weg.

    Landläufig als "Sacklochbohrer" bekannt :

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    Du musst ja nach links hin Material raus nehmen, dass ein Bohrer wieder zentriert arbeiten kann. Keine Chance, eine Bohrmaschine mit eingespanntem Bohrer freihand zu führen. Am besten natürlich eine Bohrführung, die in den Gewindelöchern oberhalb und unterhalb der Schadstelle festgeschraubt werden kann. Behelfsmäßig kann man auch ein Stück Flachstahl mit einer Bohrung versehen und in passendem Abstand eine dicke Schraube eindrehen. Das kann man recht gut mit der Hand halten, die Schraube dient als Hebel an der Außenkante des Gehäuses, damit man seitlichen Druck ausüben kann. Und den wirst Du brauchen ;-)


    Das ganze Bohrzeug wird gefügig heiß, also bisschen vorsichtig mit den Fingern sein.

  • Ich könnte mir vorstellen, dass es vielleicht auch ohne die Schraube geht.

    Ich weiß, dass das eine technisch gesehen unästhetische Lösung ist.

  • Das ganze Bohrzeug wird gefügig heiß, also bisschen vorsichtig mit den Fingern sein.

    Danke, da gab's 'ne Menge zu lernen :) .
    Anmerkung: wenn man sich die Foten an einem Bohrer verbrennen kann, ist er nach aller Erfahrung schon ruiniert. Daher auch mein Hinweis auf Bohrwasser (heutzutage teurer Spray von Sonax "Bohr- und Schneidöl").
    Ich habe auf meine alten Tage nochmal Lehrgeld bezahlt gehabt, weil ich meine 30-40 Jahre alten Tabelle sowie ihre Notwendigkeit total vergessen hatte :oops:. Hätte im Praktikum (Rhodiaceta, vor über 50 Jahren ...) einen beschämenden Anschiß vom Meister Waldvogel gegeben.

    Wie misst man die U/min an einer Handbohrmaschine? In erster Linie nach Gefühl, im Vergleich zu ihrer unbelasteten Höchstdrehzahl. Und genauer? Einfach drunter bleiben.

    Ich denke mir, Schrauben an Maschinen, also 8.8 und drüber, zählen in die Kategorie "Stahl < 100kg/qmm". Keine Ahnung. Und rostfreier Stahl ist sowieso eine hinterhältige, heißwerdende, wieder zulaufende Masse. Die unterste Tabellenzeile sagt ja schon alles.


    Sogar bei richtiger Umdrehungswahl muss man vorsichtig sein. Wenn der Bohrer durchbricht und man ihn nach dem Motto "gib ihm!!!" angedrückt hatte, frisst er sich gerne im letzten Moment fest. Da hat man noch Glück, wenn man ihn schlampig angedreht hatte (wie im Bild mit drauf) und er nur im Bohrkopf durchdreht.


    Umin.jpg

  • naja, die Pfoten empfindet man schon als "verbrannt", wenn die Temperatur jenseits der 50 oder 60 Grad liegt. Und bei 100 Grad fliegt das ganze Bohrgerät in hohem Bogen in die Ecke.

    Das würden Bohrer aber noch abkönnen.


    Hier ist nichts mehr mit Bohren im eigentlichen Sinn, eher mehr ein seitliches Abschrubben, Ausschleifen. In kurzen Intervallen arbeiten (s. oben: "mit viel Geduld" ...) und für Kühlung sorgen, Bohröl und ggf. Kältespray verwenden. Sogar WD40 wäre besser als nichts.

    Es geht ja nur darum, an der schon ausgedünnten Wandung rechts noch mehr rauszuholen, sodass möglichst nur noch die alten Gewindegänge der Schraube verbleiben. Wenn man die dann mit einer Stahlnadel raus puhlen kann, ist halb Paris gewonnen.

    Im nächsten Schritt auf der linken Seite eine "Treppenstufe" einschleifen-fräsen-bohren, damit man ein Angriffspunkt für den Schlagdorn bekommt.

    Wenn man die Gewindegänge rausbekommt, verliert der Stumpf auch Spannkraft im restlichen Gewinde und das bekommt dann Luft, um sich bewegen zu können.

    Vielleicht löst sich der Stumpf durch die Bearbeitung und die Temperatur-Wechselbäder und lässt sich relativ leicht ausdrehen.

    Die Verwendung von linksgängigen Bohren empfiehlt sich deswegen, weil die Drehrichtung dann auf Lose und nicht wie bei rechtsgängigen Bohrern auf Fest ausgerichtet ist.