Steuerkettenspannrolle für CB250K in Eigenproduktion

  • Vor kurzem habe ich begonnen, den Motor, der in mein Laverda-Projekt einbaut werden soll, zu demontieren. Der hat vermutlich über 40 Jahre in einer Art "Motoren-Vorhölle" verbracht, von außen sieht er ziemlich verranzt aus, überall öliger Dreck und Aluminiumoxid. Um so erfreuter war ich, als ich beim Öffnen festellen durfte, dass die inneren Werte ziemlich gut aussehen (zumindest nach meiner laienhaften Auffassung). Nockenwelle, Kipphebel und Ventile ohne Pitting, auch die Kolben sehen noch gut aus (wobei die, weil der Motor gerade auf ist, durch solche im 1. Übermaß ersetzt werden). Das bisher einzige Teil, was echt übel aussieht, ist die Spannrolle des Steuerkettenspanners, die ist total zerbröselt. Eine Recherche im Internet ergab, dass diese Teile zu ziemlich stolzen Preisen (ab ca. 100 €) gehandelt werden, da kann man auch gleich den Umbau von Cappellini nehmen. War mir aber auch zu teuer. Auch eine Ersatzteilsuche hier im Forum führte zur keiner Rückmeldung.

    Im Internet habe ich dann aber eine Seite gefunden, wo der Selbstbau der Rolle aus einem Polyamid-Rundstab beschrieben wird. Einen solchen kann man für wenige Euro auf einem bekannten Online-Markplatz kaufen.

    Problematisch erwies sich aber die Beschaffung des Nadellagers. Aus welchen Gründen auch immer hat Honda hier eine zölliges Lager (7/16" x 5/8" x 1/2") verbaut, das in unseren Breiten kaum zu bekommen ist. Ich habe aber eine Bezugsquelle aus Honkong gefunden, zu einem bezahlbaren Preis. Die Sendung ist noch unterwegs, in der Zwischenzeit ist es mir aber auch gelungen, das vorhanden Lager mit einer passenden Schraube und einem Ringschlüssel als Gegenlager aus der alten Rolle zu pressen.

    In Ermangelung einer Drehbank wurde die Bohrmaschine als Drechselmaschine umfunktioniert, zum Abdrehen der Flanken (damit eine Art Wulst zur Führung der Kette entsteht) kam eine Teppichmesserklinge zum Einsatz.

    Für den Hohlniet, der die Rolle und das Lager in der Halterung fixiert, wurde ein 7,5 mm Alurohr (im Baumarkt für 1,50€ gekauft) verwendet, das ebenfalls durch Einspannen in der Bohrmaschine und Bearbeitung mit der Feile auf 7 mm verdünnt wurde.

    Mit dem ersten Ergebnis bin ich ganz zufrieden, hier mal die alten und die neuen Teile nebeneinander:

    steuerkettenrolle.jpg


    Sobald die Nadellager aus Hongkong angekommen sind, werden zwei weitere Exemplare gefertigt, das dürfte dann erst mal für längere Zeit reichen.

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Habe gerade festgestellt, das es hier schon vor einigen Jahren eine längere Diskussion bzgl. des Nachbaus der Rollen gibt.

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Bei dem Lager handelt es sich um eine Nadelhülse. Diese sind in Zollabmessungen tatsächlich nur im asiatischen Raum zu bekommen. Der Grund

    für die Verwendung ist mit ziemlicher Sicherheit der Einkaufspreis.

    Diese Art von Lagern sollte nicht in einer nicht exakt runden Bohrung verwendet werden. Sie sollten nur in ausreichend formstabilen und genau

    runden Bohrungen eingesetzt werden, weil sie durch die spanlose Fertigung des Außenrings nicht ausreichend rund sind und erst durch Einpressen

    in die genau kalibrierte und runde Bohrung die richtige Form erhalten. Das heißt, die Wiederverwendung des Stahlrings im originalen Rad wäre

    nach Möglichkeit die bessere Alternative.

    In die dünnwandige Alu-Hülse hätte ich nicht für fünf Pfennig Vertrauen, wenn sie einige Zeit hält, kannst du von Glück sagen.

  • Wenn hier ohnehin alles neu und selbst angefertigt wird, warum nimmt man dann nicht ein Wald- und Wiesenlager aus der Heimat?

    Damit spart man sich doch diese krummen Maße.

    Und bei Nadellagern säße ich an der Quelle, also das, was ich in der weißen Kunststoffrolle da sehe, ist kein Hexenwerk, das gibt es auch in billig in Deutschland und somit auch von uns.


    Allerdings brauchen solche Lager, egal welche Sprache sie sprechen, eine unterstützende Unterlage, also eine Stahlbuchse oder sowas, jedenfalls geht das in Kunststoff direkt nicht. Und als Gegenfläche, auf der die Wälzkörper laufen, braucht es schon eine entsprechend gestaltete und geeignete Fläche.


    Das ist ja der Trick an der Nadelhülse. Die Innenringlaufbahn überlässt man dem Kunden, schreibt aber vor, wie sie sein sollte, die Außenringlaufbahn wird mit der Hülse geliefert, die aber nur funktioniert, wenn sie in einem entsprechenden Umfeld eingebaut wird.


    Also wenn ich da was helfen kann, dann nur zu....


    Gruß

    Jürgen

  • Juergen_H

    Erst mal danke für das Angebot. Das Problem ist aber die Stahlbuchse (in der Mitte des Bildes). Das ist kein einfaches Rohrstück, sondern hat oben noch zwei exzentrisch angeordnete Nasen (im Bild zu erkennen), die die Buchse in der korrekten Position in der Halterung fixieren, und eine Querbohrung für die Ölversorgung (im Bild nur ansatzweise zu sehen, da auf der Rückseite). Mit professioneller Ausrüstung dürfte es vermutlich kein Problem sein, das aus gehärtetem Stahl in einem metrischen Maß anzufertigen, eine solche habe ich aber nicht. Im übrigen ist dieses Teil auch nicht in dem genannten Cappellini-Produkt (hier nochmal der direkte Link) enthalten, das wird schon seinen Grund haben.


    ZIEHKEIL

    Der Alu-Niet ist ein erster Versuch. Habe bisher leider kein Stahlrohr mit 7mm Außendurchmesser gefunden. Mein Metallhändler in Köln hat aber 7mm-Messingrohr mit einer Wandstärke von 1 mm. Wäre das eine Alternative?

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Wenn hier ohnehin alles neu und selbst angefertigt wird, warum nimmt man dann nicht ein Wald- und Wiesenlager aus der Heimat?

    Damit spart man sich doch diese krummen Maße.

    Die in Bildmitte sichtbare Hülse ist der Innenring der Nadelhülse, hat 7/16" Außendurchmesser und 7 mm Innendurchmesser und seitlich die zwei

    asymmetrischen Haltenasen. Für ein "Wald-und Wiesenlager" bräuchte man also eine andere Innenhülse, die entsprechend angepasst werden

    müßte (Länge, Nasen, Innendurchmesser). Das übersteigt die Möglichkeiten von Emil bei weitem, schließlich muß sie ja auch noch hart sein. Eine

    Alternative zum originalen Lager sehe ich deshalb nicht.

    Der Alu-Niet ist ein erster Versuch. Habe bisher leider kein Stahlrohr mit 7mm Außendurchmesser gefunden. Mein Metallhändler in Köln hat aber 7mm-Messingrohr mit einer Wandstärke von 1 mm. Wäre das eine Alternative?

    Die Alu-hülse wäre mir festigkeitsmäßig schlicht zu lumpig, Messing wäre mit 1 mm Wandstärke schon eher überlegenswert. Das Problem ist aber,

    daß kein Bund vorhanden ist wie beim Original. Beide Seiten so zu vernieten, daß die Hülse dabei nicht verrutscht, ist nicht einfach. Die brauchbarste

    Alternative wäre ein 8 mm Hydraulikrohr, das man bis auf den Bund abdreht.

  • Hallo,


    nun, auch diese Buchse halte ich für kein Problem.

    Aber wenn Du schon bei dieser vorhandenen Buchse bleiben willst, hätte man immer noch die Möglichkeit, mit anderen Wälzkörpern im Lager bzw. einem Lager mit anderen Wälzkörpern (gibt beide Varianten) dann auf brauchbare Maße zu kommen.


    Gruß

    Jürgen

  • Der Umbau auf ein metrisches Lager scheitert schon an der Tatsache, daß es keinen Innenring mit 7 mm iD gibt, der 12,7 mm + etwas Axialluft +

    Länge der Haltezapfen, also ca. 14 mm Gesamtlänge hat. Metrische Lagerhülsen mit passenden Nadeln ausstatten geht nur bei vollrolligen Lagern

    und da auch nur begrenzt. Außerdem läuft das Lager mit bis zu etwa 8000 1/min, bei diesen Drehzahlen sind vollrollige Lager nicht mehr der Hit,

    ich würde die Finger davon lassen. Die Verwendung einer Nadelhülse mit original Maßen ist ziemlich alternativlos, so man denn eine bekommt,

    alles andere artet in Riesen-Projekt aus. Daß es nicht geht, behaupte ich ja nicht, aber ohne eine umfangreiche Ausstattung für Metallbearbeitung

    ist es sicher nicht machbar.

  • Habe heute 2 zöllige Nadellager aus Hongkong bekommen, werde mich mal dranbegeben, die Stahlbuchse von den alten Gummiresten zu befreien. Werde dann weiter berichten

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Emil, wenn deine Namenserweiterung auch dein Geburtsjahr ist, bist du ebenso alt wie ich und wir kennen den Begriff "geht nich gibbet nich". Also mach fertig! :wink:

    Gruß Hannes


    der Weg sei das Ziel
    das Ziel ist im Weg
    weg mit dem Ziel...:wink:

  • Ja, ist mein Geburtsjahr. Ich werde mich anstrengen!

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Das Hauptproblem ist hierbei noch nicht erwähnt worden: Während man die Lagerung noch problemlos funktional bekommt, ist es viel spannender irgendeinen Außenring, der die Steuerkette führt bei einer Grenzdrehzahl von etwa 15000u/min derart zu fixieren, dass er weder radial die Form eines aufgepusteten Kaugummies übernimmt, noch axial von der Nabe abwandert.


    Und schwupps, weißt Du, warum Crappelini einfach ein Zahnrad mit Lager bestückt, und Honda im original eine gg25-Buchse mit Wulst mit Gummi aufgespritzt hat.

    Also solltest Du dich bei der Rekonstruktion mit Erfolgsabsicht (geht natürlich auch ohne ;-) ) an eines der Prinzipien anlehnen. Praktisch bedeutet dies für Dich mindestens Beschaffung einer Drehbank oder Zugangsschaffung zu einer.


    Randnotiz: Ich verbaue ja reihenweise nadelhülsen in den Nockenwellenlagern - hierbei habe ich feststellen können, dass die Nadellager durchaus innen eine Rundheit aufweisen die im Rahmen ist - dieser Faktor ist also durchaus tolerierbar - nicht jedoch die erfordernis einer passenden Bohrung, in welche das Lager eingepresst wird. In zu elastischen Bohrungen wie den NW Lagern, Schwanken die Innenmaße der Lager demnach um +-5/100mm bei 22mm. Wenn man keine Möglichkeit hat die Welle entsprechend zu gestalten, dass sie zum exakten Innenmaß der Lager passt, ist das ein Game over.

  • Sind die 15000 U/min nicht etwas zu hoch angesetzt? Der Durchmesser der Spannrolle ist doch identisch zu dem des Zahnrades an der Kurbelwelle (das 17 Zähne hat, genau wie das Teil von Cappelini). Demnach dreht sich die Spannrolle mit der Umdrehungszahl der Kurbelwelle.

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)

  • Und schwupps, weißt Du, warum Crappelini einfach ein Zahnrad mit Lager bestückt, und Honda im original eine gg25-Buchse mit Wulst mit Gummi aufgespritzt hat.

    Das Kettenrad, welches Capellini benutzt hat exakt die Zähnezahl des Kurbelwellenritzels. Vermutlich haben die Herrschaften Verbindungen zu

    Herstellern aus dem Bereich Kartsport, welche Kettenräder aller Größen anfertigen für Rennkarts. Deren Ketten heißen nämlich verbreitet

    auch 219. Ich konnte bisher noch keine Norm oder Maßzeichnung zu dieser Kette finden, in der ISO Norm ist sie nicht, mag sein, ich stelle mich

    nur zu dumm an.

    Daß das Aufspritzen von Gummi (NBR vermutlich) in der Groß-Serie die kostengünstigste Fertigungsweise ist, das steht außer Frage.

    Die 15000 sind natürlich Quatsch. Das Kettenrad von Capellini dreht gleich schnell wie die Kurbelwelle, das originale wohl weitgehend gleich

    hoch, abhängig von der Differenz der Durchmesser.

  • Die Maße der 219er Kette findet man hier

    Grüße

    Emil


    Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, Kann etwas Nützliches geschehn.

    (Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie)