Reanimation VT 500 C

Hallo,
ich muss mal meinen Frust loswerden ...
Hab mich vor kurzem hier angemeldet und vorgestellt, da ich mich auf das Abenteuer der Restaurierung eingelasen habe. Durch die Suchfunktion habe ich bereits diverse nützliche Hinweise und Tipps erhalten. Dafür bin ich schon mal dankbar, will sagen ... ohne dieses Forum und die tollen Beiträge hätte ich schon aufgegeben.

Will euch mal die Ausgangssituaton schildern, falls das jemanden interessiert: Aaaalssoo, nen Kumpel hat seit sechs Jahren die VT 500 C in der Garage stehen weil er sie immer mal aktivieren wollte ( daneben stehen noch drei andere Kräder, die das gleiche Schicksal teilen). Er selbst hat sich ne nagelneue Honda gekauft und schafft es gar nicht an den Wracks zu schrauben. Also hab ich ihm die VT abgeschwatzt, weil ich Bock drauf hatte und er die Chance auf Platz in seiner Garage nicht schlecht fand. Fürn Appel und nen Ei war das Teil meine ...
Die VT war ihm bei einer Notbremsung weggeschmiert und auf die rechte Seite gefallen. Er hatte zunächst gehofft, daß er die Schäden von dem Besoffenen, der auf die Straße getorkelt war, irgendwie ersetzt kriegt. War aber nicht da keine Versicherung und kein Geld vorhanden ... Nun ja, so hat er die Maschine erst mal in die Garage gestellt und abgewartet ... was wie schon erwähnt nun sechs Jahre her ist.

Bei meiner ersten konkreten Inaugenscheinnahme der VT waren folgende offensichtliche Beschädigungen:
1. Windschild gesplittert, die Halter verbogen.
2. Scheinwerferglas gesplittert.
3. Bremshebel und Bremsflüssigkeitsbehälter angeschliffen.
4. Motorschutzbügel angeschliffen.
5. re. Spiegel defekt
6. Sitzbank mehrfach gerissen.

Sonst machte sie optisch einen guten Eindruck, außer dem sechsjährigen Staub darauf ...

Batterie war unverändert auch die letzten sechs Jahre drin, also Startversuch oder so, war erst mal nicht.
Auf nem Hänger zu mir geholt, unters Carport gestellt und voller Tatendrang angefangen.

1. Neue Batterie rein, Hauptsicherung erneuert (war total weggegammelt) (Tipp im Forum gefunden !) Licht und Blinker funzen, erst mal happy. Starterknopf noch nicht gedrückt, erstmal Öle und so erneuern ...
2. Scheinwerferglas bei ebay gefunden, bestellt, eingebaut, funzt.
3. Windschild abgebaut und weggeschmissen, easy ...
4. Mehrfach die komplette Maschine abgespritzt und gewaschen ( war z. T. wegen Frost nicht möglich)
5. Immmer wieder Chrom geputzt und gereinigt.
6. Ölwechsel durchgeführt mit Filter.
7. Endantrieb Öl gewechselt.
8. Am Heck war ein häßlicher Krauser Koffer- und Topcaseträger verbaut. Abmontiert weggehauen. Hatte integrierte Hintere Blinker. Also bei ebay die originalen gekäuft und montiert.
9. Beim Ölwechsel ist mir aufgefallen, daß der Hauptständer mittig gebrochen/durchgerostet war und von nem bekloppten Schrauber mit ner Metallstrebe und zwei Rohrschellen geflickt war ... Also wieder bei ebay nen Hauptständer gekäuft und versucht zu montieren ...

Und nun beginnt der Wahnsinn. Die rechte Schraube vom Hauptständer geht nicht am Auspuffsammler vorbei ... Also Auspuff ab. Der ambitionierte Schrauber wird spätestens jetzt lachen und wissen was kommt ... Nach über dreißig Jahren ist kaum eine Schraube des Auspuffs einfach so zu lösen .. Habe zwei Flaschen WD40 verbraucht ... Nichts ...

Fortsetzung folgt

Jo, vielen Dank Harald für ein Mitgefühl und die weiteren Tipps. Habe ich beachtet. Auf die Idee den Auspuff komplett vom Krümmer aus abzubauen bin ich allerdings nicht gekommen, auch weil ich Respekt vor den Stehbolzen habe, die ja gerne mal zicken und Probleme machen (hatte hier schon mehrfach davon gelesen).
Bevor ich den Auspuff dann aber abgeschraubt habe, kam mir der Gedanke daß doch vielleicht jetzt der richtige Zeitpunkt für nen Startversuch/Motortest kommen sollte. Noch schien die Auspuffanlage ja dicht und komplett.
Also meinen Schrauberkumpel rangeholt und nach "Vorschrift/Empfehlung" den Start vorbereitet. Alle Kerzen raus, Tank entleert und frischen Sprit rein. Erstmals Startknopf betätigt (ohne Kerzen). Spannend ... aber Anlasser funzt, Motor dreht willig. Kerzen bilden freihängend Funken. Super, schon mal happy. Dann Kerzen rein, Tank drauf und Startversuch. Startpilot eingesetzt ... und welch tolles Erlebnis ... nach einigem Orgeln läuft der Motor. Dabei nächste Baustelle entdeckt: Chokezug total fest. Ohne Choke läuft der Motor nicht rund und nicht lange. Also erstmal Chokezug ausgebaut ... Total verrostet die Seele, nichts zu retten.

Und an dieser Stelle erinnerte ich mich, daß ich von meinem Kumpel noch zwei große Kisten Zubehör/Ersatzteile mitbekommen hatte. Diese Kisten hatte ich nur grob gesichtet und erstmal im Schuppen gelagert. Nun habe ich da mal richtig reingeschaut und war baff. Darin befanden sich alle Züge für die VT originalverpackt. Welch Glücksfall. Danaben noch eine komplette Vergasereinheit, Bezinhahn, Endantrieb und ein kompletter Auspuff ... Ja, Sammler incl. der Tüten und Blenden. Alles noch gut erhalten. In der anderen Kiste befand sich u. a. ein überholter Tank, Hinterradschwinge, Kardangelenk, Bremsteile etc.

Also den nagelneuen Chokezug montiert. Schwierigkeit hier war, daß die Federn im Vergaser total verrostet waren und zerbröselten ... Durchmesser der Federn konnte man noch erkennen, aber nicht die Länge. Hab im Handbuch nachgelesen, die gibt es wohl nicht einzeln. Naja also nach einer ählichen Feder gesucht und erst mal eingebaut. Nun gut der Choke läßt sich jezt zumindest betätigen, aber so richtig wohl nicht. Liegt wohl an den Federn. Länge bzw. Federkraft dürften nicht ganz stimmen ...

Hier also meine erste Frage an die Gemeinde:

Welche Maße haben diese Federn ? Bezugequelle ?

Ich berichte weiter ...

Nee, die sind da leider nicht dran ;-(
Die Federn stecken in den Winkeln, die vom Chokezug in den Vergaser geschraubt werden ...

Jo, danke Harald. Das hat ja auch noch Zeit. Hab ja noch genügend andere Baustellen ...

Uih, vielen lieben Dank für den Tipp und den Link ... aber das ist ja mal nen Preis, wenn man bedenkt, daß ich eigentlich nur die Federn benötige. Das muß ich erst mal sacken lassen ...

Ich versuche mal nen Foto meiner Baustelle einzustellen:
Baustelle.jpg

Sie steht jetzt auf dem neuen Hauptständer, der Auspuff ist noch nicht montiert.

Nachdem also der Motortest erfolgreich war, habe ich mich an die Demontage des Aufpuffs gemacht. Ich mach es mal kurz. Kaum eine Schraube ließ sich einfach lösen. Die meisten Schrauben sind abgerissen oder ich habe gleich die Flex benutzt. Die Dichtungen sind sämtlich zerbröselt bzw am Rohr festgebacken. Zwei der Schellen ließen sich retten, die anderen Schellen waren an den unteren Stellen sehr verrostet und brüchig. Was solls, der Auspuff muß ab um den neuen Hauptständer anzuschrauben ... Da ich ja die Auspuffteile alle in Reserve hatte, viel es mir leicht die Flex anständig werkeln zu lassen ...
Nachdem der Auspuff entfernt war, gings an den Einbau des Hauptständers. War auch nicht ganz einfach, weil durch die ungleichmäßige Krafteinwirkung des gebrochenen Hautständers die beiden Aufnahmen am Rahmen nicht mehr ganz fluchteten und der neue Hauptständer nicht einfach anzubringen war. Mittels Gewalt (Brechstange) die Aufnahmen gerichtet und den neuen dann endlichen verbauen können.
Dabei habe ich die vermutliche Ursache der Durchrostung des alten Hauptständer gefunden. Der Entlüftungsschlauch der Starterbatterie endete genau mittig über dem Hauptständer, an der Stelle der Durchrostung ... meine Mutmaßung daß tropfendes Batteriewasser(Säureanteil?) die Durchrostung im Laufe der Jahre gefördert bzw. hervorgerufen hat.
So, nun erstmal warten bis die bestellten Auspuffdichtungen geliefert werden ...
Da ich gerade dabei war, habe ich auch gleich neue Reifen bestellt (BT 45) ...
Die Sitzbank hatte ich zwischenzeitlich dem Sattler meines Vertrauens vorgestellt (der hat aber keine Termine bis zum Sommer). Also nen Stück Kunstleder bestellt und die Bank provosorisch selbst getackert.

Die nächsten Projekte sind dann Ausbau der Räder (zwecks Neubesohlung) und dabei Überholung der Bremsen ...

Aha, du willst mich neidig machen ... oder anspornen ?
Egal, immer wieder schön solche Maschinen als Beispiel zu betrachten. Danke dafür.

Heute habe ich das Hinterrad ausgebaut. Dank WHB und Youtube erstmals ganz ohne Probleme ;-)
Morgen müßten die Pneus geliefert werden, dann gehts weiter.

So, die letzten Tage habe ich durchgehend geschraubt. Erstaunlicherweise ohne größere Katastrophen.
Beide Räder ausgebaut und zum Montieren weggebracht. BT 45 (online gekauft für 171 €, Montage u. Wuchten 35 € ).
Eingebaut und Vorder- sowie Hinterradbremse neue Belege montiert. Bremse vorne entlüftet und durchgespült.
Dank der Hilfe des Mods Jethrow, konnte ich die richtigen Chokefedern aus einem Sortimentskasten einsetzen.
Maße Chokefeder:
L: 18 mm
Durchnesser aussen: 5,6 mm
Drahtstärke: 0,5 mm
Windungszahl: 6
Danke Harald.
Nachdem der Auspuff auch mit den neuen Dichtungen wieder montiert war, konnte ich einen Startversuch wagen und nach kurzer Warmlaufphase auch einen zufriedenstellenden Rundlauf des Motors erleben. Supi

Gestern noch die letzten Aufhübschungen vorgenommen, hier und da ne Roststelle am Rahmen übertupft. Neue Rückspiegel montiert ...

... und dann kam heute Mittag der spannende Augenblick. Helm auf und ab zum TÜV meines Vertrauens (KÜS Falkensee). Die erste Fahrt auf der Maschine. Schon spannend nach sechs Jahren Stillstand in der Garage ... all Systems go.

Und dann der Hammer nach bangem Warten in der Halle ... Der Graukittel holt wortlos ne Plakette aus der Jackentasche und klebt 03/2019.

HU ohne Mängel Einfach goil ... nach rund vier Wochen Arbeit.

Termin zur Um- und Anmeldung hab ich leider erste nächste Woche bekommen. Wunschkennzeichen B- VT ** reserviert.

Ich bin unglaublich happy und sage noch einmal ein herzlichen Dank an das Forum. Ohne die direkten Tipps und die Suche in alten Beiträgen würde ich nicht bis hierher gekommen sein ...