Zu den meistverwendeten Sätzen hat sich ein neuer Favorit gesellt:
"Welcher Tag ist heute?"
Vielleicht macht dieser Umstand deutlich,
dass wir beginnen, uns zu aklimatisieren.
Irgendwie läuft´s.
Wer als Erster die Klüsen aufbekommt,
fängt an, sich um´s Frühstück zu kümmern.
Wer keine saubere Tasse findet, der spült halt.
Vorgestern hat irgendjemand mehrfach den Begriff "Transalpina" in die Runde geworfen.
Keine Ahnung wer das war.
Jedenfalls war gestern beim Frühstück dann überhaupt nicht mehr strittig,
was denn unternommen werden könnte.
Bemerkenswert früh am Morgen standen sieben Motorräder startbereit auf dem Feldweg.
Lediglich zwei anwesende Member des Honda-Boards hatten andere Pläne.
Die Rotte brach auf und erlebte einen äußerst abwechslungsreichen Tag.
Je länger ich während des Fahrens darüber nachdachte,
um so sicherer war ich mir,
dass dieser geniale Streckenvorschlag nur von mir gemacht worden sein konnte.
Über Sibiu ging es nach Sebes und zwar auf dem bereits hinlänglich bekannten Pfad der Untoten.
Heute schienen die aber anderweitig beschäftigt,
waren vielleicht bei Dracula beim Rapport oder so.
Vielleicht vertragen sie aber auch blauen,
wolkenlosen Himmel und Temperaturen um 30 Grad nicht?
Jedenfalls waren die Kamikazes heute recht selten;
im Schnitt höchstens je 25 gefahrenen Kilometern einer.
Bei Sebes erster kurzer Tankstopp.
Sieben Motorräder und einen fünf Liter-Tank abrechnen
überforderte das dortige (weibliche) Personal total.
Bei mir ging alles glatt. Tank vollgemacht.
Zur Kasse gelatscht, vier Finger gehoben (Säule 4)
und Bares auf den Tresen gelegt.
Ara hat dann genau den gleichen Betrag Minuten später mit Karte gezahlt.
Wolfgang stutzte über seine hohe Tankrechnung
und Wernersen bekam seine Tanksäule nicht freigeschaltet.
Von Heinzii wollte die Weibliche gleich zweimal seine Plastikkarte,
konnte aber nicht verdeutlichen warum eigentlich.
Ein zufällig anwesender deutschsprachiger Rumäne
zerschlug den gordischen Knoten dann wenigstens so weit,
dass wir nach einer Dreiviertelstunde weiterfahren konnten.
Der nächste Stopp war dann schon auf einer Nebenstrecke
an einem Flüßchen.
Ich entdeckte wieder einen früchtetragenden Baum.
Diesesmal eine rote rümänische Variante der gelben ungarischen Früchte.
Also gab es einen leckeren Snack,
dieses Mal ohne das Jemand etwas verloren hat.
(Jedenfalls hat keiner was gesagt).
Die Fahrt führte parallel zu dem Flüßchen in die eng stehenden Berge.
Eine geniale Kurve folgte der Nächsten und wir konnten die Kräder richtig laufen lassen.
Mindestens jeweils zwei, drei Minuten lang,
bevor das nächste Hindernis auftauchte.
Die Kräder an der Spitze hatten es sich zur Pflicht gemacht,
vor Schlaglöchern mit einem Finger- oder Fußzeig zu warnen.
Das artete mitunter in ein gefährliches Gehampel aus.
Mal soll das Motorrad schließlich an mindestens einem Punkt festhalten,
meine ich in einem Fachblatt gelesen zu haben.
Die Transalpina ist ein Tipp für eine Tour im Jahr 2013.
Gegenwärtig wird auf der gesamten Strecke gebaut
und wenn die Arbeiten abgeschlossen sein werden,
wird das eine geile Stecke mit guter Asphaltdecke sein.
Abgesehen von den üblichen Frostschäden natürlich.
Derzeit ist es aber eine einzige Baustelle.
Wir befuhren einen wilden Parcour mit teils noch warmen klebenden Asphalt,
unterbrochen von kurzen Schotterstücken,
welche mit Vorliebe hinterm Kurvenscheitel von Haarnadelkurven begannen.
Das weder links noch rechts von der Fahrbahn irgendwelche Leitplanken
oder sonstigen Schutzeinrichtungen vorhanden waren,
versteht sich fast von selbst.
Stattdessen habe zumindest ich mich am Aussehen und dem Geruch
der dicht wachsenden wilden Blumen am Straßenrand erfreut.
Dieser Anblick wird in zwei Jahren Geschichte sein.
Dann wird man innerhalb von Betonwänden fahren.
Wolfgang ist es während der Fahrt gekommen.
Er teilte beim nächsten Halt mit,
dass er die Strecke aus der Erinnerung wiedererkannt hat.
Allerdings sei seit dem vergangenen Jahr sehr viel Schotter ersetzt worden
(durch Asphalt).
Gegen Mittag haben wir den Scheitelpunkt der Strecke erreicht und es ging zügig bergab.
Zügig, weil vor uns zwei Muldenkipper der Straßenbaufirma fuhren.
Diese vierachsigen Steckenkenner legten das Tempo vor.
Es stank gewaltig nach Gummi und Bremsabrieb!
Leider verdeckten diese Panzer aber auch die Sicht auf Schlaglöcher, Geröll und Sand,
was dem Rennen zusätzliche Würze verliehen hat.
Wieder im Tal angekommen,
stoppten wir in einem, ähm, sehr rustikalen Camp zum Mittagessen.
Das Essen war lecker,
die Preise moderat und zum Rest schweigt des Autors Höflichkeit.
Frisch gestärkt und schottererprobt wäre beinahe ein Fresskoma und Langeweile eingetreten,
aber die Götter entschieden,
ein neues Level freizuschalten.
Ein Wolkenbruch hatte die Straße teils in einen Bach verwandelt,
teils gewaschen,
jedenfalls war sie pitschnass.
Weil uns dann auch noch der Regen selbst erwischte,
stoppten wir bei einem noblen Beherbergungsbetrieb.
Dort wollte man uns draußen bei Regen nicht bedienen
und drinnen waren Hunde nicht erlaubt.
Gut, wenn Kunden unerwünscht sind, dann eben nicht!
Alle sprangen in die Kondome,
außer Werner.
Der hatte keins.
Ich gab ihm meins.
Regen stört mich nicht,
solange er warm ist.
Den Temperaturrückgang von 30 auf 17 Grad fand ich angenehm.
Verärgert über meine Haltung,
stoppten die Götter schnell den Regen
und alle dampften:
Das Gelände und die Biker, ein Kluger ausgenommen
Gegen 19.30 Uhr kamen wir erschöpft auf dem Campingplatz an
und ich als Bierkassenwart stellte entsetzt fest,
dass nicht eine Dose Bier in der Kühlbox lag!
Das hätte mir doch mal Einer sagen können!
Essen war auch keins fertig.
Wolfgang und Heinzii gingen also noch mal auf Beutefahrt,
während ich virtuos ein Mahl zaubert:
Bratkartoffeln und Rührei.
Anschließend saßen wir leise verdauend noch ein Weilchen beieinander.
Es war jedoch deutlich erkennbar,
dass die Reizüberflutung des Tages
ihren Preis gehabt hatte.
Irgendwer warf das Stichwort "Sibiu" in die Runde ....
*Dieser Bericht enthält Spuren von Überheblichkeit.
Wer sie findet, darf sie behalten.