Hallo,
ich hätte noch ein paar Tips (für die nächsten Kurven ...). Meinen Führerschein habe ich selbst erst vor 4 Jahren gemacht, meine CBR600FA habe ich nach einigen Probefahrten vor 3 1/2 Jahren gekauft und bin seither 34000km gefahren. Also bin ich auch noch kein erfahrener Motorradfahrer, aber hoffentlich kein reiner Anfänger mehr. Was mir geholfen hat:
* Bergab hat man mehr Körpergewicht auf den Händen, wenn man sich am Lenker abstützt. Das kann zu Verkrampfung und zu einem unsicheren Fahrgefühl führen. Wenn man zumindest in Kurven die Hände entlastet, indem man die Bauchmuskeln anspannt, wird's besser.
* Bergab vor den Kehren herunterschalten und abbremsen. Vorallem am Anfang lieber immer zu langsam in eine Kehre fahren, als einmal zu schnell. In der Kehre den Motor bremsen lassen, möglichst nicht die Bremse dazunehmen.
* Wenn's ohne Bremse in engen Kehren nicht geht, nehme ich vorsichtig die Hinterradbremse dazu. Ein Vorredner hat geschrieben, daß man damit ausgerechnet die Bremse benutzt, die weniger Kraft übertragen kann (weil das Hinterrad entlastet wird) und daß einem das ABS nicht hilft, weil es nicht schräglagentauglich ist. Das mit der geringeren Bremswirkung stimmt. Das ABS der CBF600 kenne ich nicht, aber zu dem meiner CBR600FA siehe unten, d.h. da ich niemals mit 30° Schräglage bergab in eine Paßkehre fahre, wird dadurch das Hinterrad nicht wegrutschen. Aber die Hinterradbremse macht das Motorrad weniger instabil, als das die Vorderradbremse bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten in engen Kurven tut. Wer's nicht glaubt und wer noch nicht genug Kratzer hat, kann ja sein Motorrad um eine enge Rechtskurve schieben und dann die Vorderradbremse ziehen. Wahrscheinlich wird er den Sturz nicht mehr verhindern können (leider auch schon ausprobiert), und es ist schwierig, die Vorderradbremse so gefühlvoll zu betätigen, daß das nicht passiert.
* Rechtzeitig bremsen und dafür nicht zu stark, zumindest am Anfang. Wenn das ABS anspricht, halte ich das für einen Fahrfehler, außer in einer Gefahrensituation.
* Die erwähnten Bücher von Bernt Spiegel. Allerdings würde ich beim Lesen berücksichtigen, daß er Hirnforscher ist und sich mit Physik scheinbar nicht immer perfekt auskennt. Manche Sachen würde ich nicht genau so machen wie beschrieben, weil ich auch ohne Zwischenstation im Krankenhaus ausrechnen kann, daß es nicht geht. Beispielsweise zum Üben des Lenkimpulses bei 100km/h auf einer Landstraßenhälfte "problemlos" bis zu 20° Richtungsänderung erreichen und wieder zurücklenken.
* Möglichst weit vorausschauen ist eigentlich richtig, aber bei mir war es das, was am meisten Übung gebraucht hat und immernoch braucht. Laut den erwähnten Büchern von Bernt Spiegel braucht man den Einlenkpunkt nicht anzuschauen und wird die Kurve trotzdem genau treffen, auch ohne das vorher zu üben. Den letzten Teil dieser Aussage kann ich nicht bestätigen, ich habe viel Übung gebraucht, und habe bei Kontrollblicken zum Fahrbahnrand anfangs immer wieder festgestellt, daß ich entweder gerade auf dem Weg in die Botanik, oder zu weit links war (habe ich dann natürlich korrigiert). Also ohne Üben geht's meines Erachtens nicht. Und bis heute gibt's in Sicherheitstrainings Übungen, die mich in dem Punkt überfordern, z.B. in der ersten Kurve einer Doppelkurve auf das Kurvenende der zweiten Kurve schauen, sodaß ich deren Einlenkpunkt nie zu Gesicht bekomme ... im echten Straßenverkehr wäre das schiefgegangen. Da würde ich sagen: weit vorausschauen ja, aber nicht soweit, daß man deswegen die nächste Kurve nicht mehr trifft.
* Kurven möglichst weit außen anfahren und spät einlenken ist auch richtig. Allerdings sind mir bei Rechtskurven, in denen man nicht weit sieht, schon zweimal schnelle Autofahrer entgegengekommen, die die Kurve so stark geschnitten haben, daß sie voll auf Kollisionskurs waren, aber keine Anstalten gemacht haben, zu reagieren. Dann hat man für das Ausweichmanöver noch Sekundenbruchteile zur Verfügung. Seither fahre ich unübersichtliche Rechtskurven nicht mehr so weit außen an, aber dafür auch langsamer, damit ich bei einem überraschenden Hindernis trotz der verkürzten Sicht noch bremsen könnte.
* Auf der Straße will ich Reserven halten. Letztes Jahr ist mir bei einem MOTORRAD-Kurventraining auf dem Baden-Airpark allerdings aufgefallen, daß ich dadurch auch unfähig wäre, im Notfall ein extremes Ausweichmanöver zu fahren (z.B. Gegenverkehr in Kurve). Ich hatte im Training immer den Eindruck, das Motorrad nicht weiter in Schräglage bringen zu können, wie wenn da eine Sperre wäre. Daß alle anderen schneller waren, und daß meine Reifen außen unbenutzt waren, hat daran nichts geändert. Seither gehe ich einmal pro Jahr auf einen Verkehrsübunsplatz in Bergheim, der einen Kreisel hat, nehme eine Kreide mit, um die Schräglage mittels Strich am Reifen abschätzen zu können, und übe eine Stunde lang. Ergebnis: das Motorrad hat keine Schräglagensperre; die Sperre sitzt im Kopf, solange man nicht weiß, wieviel Reserve man tatsächlich noch hat. Aber man kann die Sperre durch Übung verschieben. Nur nicht hinterher im normalen Straßenverkehr 1:1 anwenden, sonst verbraucht man die gewonnene Sicherheitsreserve gleich wieder.
* Bremsen in Kurven / ABS in Kurven: Die Aussage der Fahrschule, in Kurven dürfe man nie bremsen, auch nicht mit ABS, hat mich anfangs nervös gemacht. Was mache ich, wenn in der Kurve ein Hindernis auftaucht? Ausweichen ohne etwas zu sehen?? In Bergheim gibt es ein Sicherheitstraining, wo Kurvenfahren und Bremsen in der Kurve geübt wird. Blieb die Frage, ob ich das in einer Schrecksituation auch könnte, bzw. falls nicht, ob mich das ABS retten würde. Das konnte ich auf meinen Wunsch hin beim MOTORRAD-Fahrdynamiktraining am Boxberg unter Anleitung genauer testen (muß man aber bei der Anmeldung ankündigen). Ergebnis: bis ca. 30° Schräglage auf trockenem Untergrund ist mein ABS ideotensicher und erlaubt problemlos Panikbremsungen ohne jedes Anzeichen von Instabilität, obwohl es nicht als Kurven-ABS beworben wurde. Größere Schräglagen habe ich nicht ausprobiert. Ob das auf andere ABS übretragbar ist, weiß ich nicht. Und natürlich muß man das Bremsen in der Kurve trotzdem üben, denn gegen das Aufstellmoment hilft ABS nichts. Aber das ist einfach zu beherrschen, im Gegensatz zu einem rutschenden Rad.
* Fahrwerk-Setup: Daß das etwas bringen kann, hast Du schon gemerkt. Zwar traue ich mir nicht zu, selbst daran herumzuschrauben, aber im MOTORRAD-Kurventraining am Boxberg gab es dieses Jahr einen Einschub "Fahrwerkskunde", bei dem ein erfahrener Mechaniker auf Wunsch die Fahrwerke der Motorräder eingestellt hat. Meine CBR600FA ließ sich danach sehr viel einfacher in die Kurven legen und war viel handlicher zu fahren. Sie hat sich damit sehr der 2017er Fireblade angenähert, die ich kurz zuvor für 100km getestet hatte und die fast von selbst um die Kurven fuhr.
Ach ja, bevor jetzt der Shitstorm losgeht, warum sich ein halber Fahranfänger auf eine >140kW Fireblade setzt, mit 1 Liter Hubraum, wo doch alles über 400ccm zu viel ist: Wenn man die 140kW auf der Landstraße ausnutzen will, ist man selber Schuld. Aber die Fireblade hatte einen extrem gut dosierbaren und beherrschbaren Motor, mit dem man wunderbar sanft fahren konnte. Wenn man sich zurückhalten kann, mit Hirn fährt und die 200 Pferdchen im Stall läßt (aber nur dann), halte ich die Fireblade für einen Anfänger auf der Landstraße eher beherrschbar als mein Fahrschulmotorrad, eine Kawasaki ER6n, die zwar nur 53kW, aber dafür einen ruppigen und schwer kontrollierbaren Motor hatte (und mit 214kg vs. 196kg etwas schwerer war als die Fireblade). Meine CBR600FA würde ich trotzdem nicht dagegen tauschen, denn ich will Gepäck in den Urlaub mitnehmen (Fireblade: max. 14kg), und nach einer Tagestour noch aufrecht stehen können.
Hier noch Links zu den erwähnten Trainings:
MOTORRAD: http://www.motorradonline.de/a…sicherheitstraining/35408
Bergheim: http://www.fahrsicherheit-berg…php?mod=garden&sub=garden
http://www.fahrsicherheit-berg…talter=FSB-Kurventraining
Nicht wegen Kurven, aber meiner Meinung nach generell wegen Fahrsicherheit lehrreich:
MS2: http://www.ms2.de/sich33.asp (Nicht von den abstrusen physikalischen Erklärungen abschrecken lassen - soweit ich es daheim nachgerechnet habe, haben seine daraus abgeleiteten Aussagen merkwürdigerweise trotzdem gestimmt.)