Ich habe keine komplett schwarze Kleidung und Helm
"Nicht komplett schwarz" hat aber meistens einen Haken: Die gängige Alternative ist Hellgrau (oder Weiß, was direkt dreckig wird und dann auch hellgrau ist). Das ist genauso schlecht zu sehen wie Schwarz, weil es vom Mittelgrau der Straße kontrastmäßig gleich weit entfernt ist und im Alltag (an Gebäuden, Fahrzeugen, Kleidung, etc.) auch genauso häufig vorkommt. Das selbe gilt auch für silberne Helme zwischen silbernen Autos. Hellere Farben verschwimmen zwar generell etwas schlechter mit einem dunkleren Hintergrund als umgekehrt, aber der Effekt ist nur marginal.
Wenn man kein Schwarz will, es aber aus ästhetischen Gründen nicht für vertretbar hält, sich komplett hell anzuziehen und stattdessen so ein optisches Flickwerk aus unterschiedlichen Farbtönen wählt, funktioniert das sogar wie ein Tarnmuster und verschwimmt mit jedem Hintergrund noch besser als Schwarz. Damit hat man dann zwar Psyche oder Familie beruhigt, aber zu sehen ist man noch viel schlechter als vorher.
Ihr müsst euch mal überlegen: Warum wollt ihr denn sichtbarer sein? Für wen? Sicher nicht für einen umsichtigen Autofahrer, der an jedem Stoppschild hält und aktiv nach anderen Fahrzeugen sucht. Der sieht euch auch in schwarz und ohne Licht. Und auch sicher nicht für Situationen, denen ihr entgehen könnt, indem ihr euer Fahrverhalten ändert. Dann ändert halt euer Fahrverhalten.
Es geht dabei grundsätzlich um Situationen, an denen ihr ansonsten nichts mehr ändern könnt und wo aufzufallen dann das letzte Mittel ist. Da begegnet ihr einem Verkehrsteilnehmer, der aus irgendwelchen Gründen Probleme hat, euch zu sehen oder (wie schon gesagt eher unterbewusst als mit Absicht) durch euch durchschaut. Um dem aufzufallen, muss es visuell so knallen, dass er gar nicht anders kann, als noch ein zweites Mal hinzuschauen.
Dafür braucht es eine richtige Kontrastfarbe auf einer ausrechend großen Fläche an einer Stelle, die man auch sieht. Und damit führt an Neongelb eigentlich kein Weg vorbei, denn das ist die Farbe, die sich unter den meisten Bedingungen vom Hintergrund abhebt (im Gegensatz z.B. zu Neonrot, was in der Abenddämmerung schneller untergeht oder Blau, was generell schlechter zu sehen ist oder normalem Gelb, was wesentlich weniger Eindruck hinterlässt). Eine ausrechend große Fläche ist außerdem verdammt groß. Die Norm für Warnwesten hat mit dem vorgeschriebenen halben Quadratmeter nicht zum Ziel, dass man bescheuert aussieht, sondern eine Warn-Schärpe hätte wirklich einfach nicht gelangt, also reicht ein gelbes Zierelement auf der Motorradjacke garantiert erst recht nicht.
Analog gilt das alles auch für reflektierende Flächen. Die Hersteller setzen die meistens nur ein, damit sie damit werben können. Kein Mensch sieht auf der Autobahn, ob auf der Brusttasche ein reflektierendes Herstellerlogo aufgedruckt ist.
Gerade, wenn man seine vorhandene Kleidung nachrüsten will, ist eine Warnweste eine kostengünstige Möglichkeit, das zu erreichen. Ich stimme zu, ein gelber Helm ist am sichtbarsten (ergänzend, für sich alleine ist die Fläche zu klein!), aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei einer Weste ganz klar am besten.