Masseverbindung ?!

Ich weiß sehr wohl wie lästig es ist, die Masseanschlüsse zu prüfen.
Gerade bei der Bol d'Or (wahrscheinlich bei anderen Maschinen auch) ist der Minus
der Batterie am Getriebeblock derart angeschlossen, dass es ganz schön aufwendig ist
diese Leitung zu lösen um sie säubern zu können.
Aber : die Kabelschuhe sind aus Kupfer, der Motorradrahmen aus Stahl, der Motor aus Aluminium,
es gibt noch Messingteile, verchromte und kadmierte Teile.
Unterschiedliche Materialien die, wenn man sie verbindet, zu unterschiedlich starker Korrosion
anregen. Ein bisschen Wasser kommt ja immer mal dazu, wer kennt das nicht ?
(Leute die sich in der Werkstoffkunde auskennen, können das mal genauer erklären
da meine Erinnerungen an Guillery/Hezel/Reppich etwas verblasst sind )
Ein großes Problem dabei ist, dass man diese schlechten Masseanschlüsse erst mal
nicht bemerkt. Wie sehen die Verbraucher aus ? An der Maschine besonders auffällig ist
natürlich die Beleuchtung, auffällig aber nicht anfällig.
Sollte sich an dem einen oder anderen Masseanschluss durch Korrosion ein höherer
Widerstand / Übergangswiderstand eingestellt haben, bedeutet das für die Beleuchtung,
dass das Licht etwas gelber (dunkler) wird.
Unser Auge lässt sich aber sehr leicht betrügen, will sagen, wir merken es nicht.
Auch wenn die Hupe etwas leiser ist, was soll's.
Stahl, wie unser Rahmen, liegt in der elektrischen Leitfähigkeit um den
Faktor 10 unter dem von Leitungs-Kupfer, d.h., dass der Widerstand einer
Leitungsverbindung mit 0,035 Ohm einem Widerstand von 0,35 Ohm gegenübersteht,
den der Motorradrahmen dem Strom bei gleicher Länge und Querschnitt entgegensetzt.
Durch Übergangswiderstände summiert sich das auf 0,85 Ohm - ein Wert den ich seinerzeit
selbst gemessen habe zwischen dem Minuspol der Batterie und dem Masseanschluss der
Zündung vorne am Rahmen.
(Ich habe diesen Weg übrigens mit einer Leitung von 2,5 mm² überbrückt.)
Was sind schon so kleine Widerstände ? Vernachlässigbar, wird mancher sagen.
Man stelle sich diesen Widerstand vor als Reihenschaltung mit der Batterie und einem
angeschlossenen Verbraucher, sagen wir den Hauptscheinwerfer 12 V 55 W.
Durch die Lampe fließt normalerweise ein Strom von 4,5 A.
Mit der Reihenschaltung der Masseverbindung aber nur noch 3,5 A !
Das bedeutet, dass wir uns mit einer 42 W - Scheinwerferlampe zufrieden geben müssen.
Es bedeutet auch, dass man ein altes Motorrad schon von weitem erkennt.
"Früher war die Lichtausbeute nicht so groß wie bei modernen Maschinen" heißt es dann.
Die Primärseite der Zündspule einer Bol d'Or hat 2,15 Ohm, der Widerstand der durchgeschalteten
Leistungstransistoren unserer Zündeinheiten ist vernachlässigbar klein.
Ihr seht sicher, wo ich hin will. Selbstverständlich verringert sich der Strom durch die Zündspule
wenn man einen Widerstand von 0,85 Ohm in Reihe schaltet.
Rein theoretisch verringert sich die Effektivität der Zündeinrichtung um 25 Prozent !!!
Wenn jetzt noch, wie bei der Bol d'Or, gut belüftete Vergaser dazukommen, d.h. der Anlasser
muss 'ne ganze Weile drehen bevor Sprit in die Zylinder kommt und wenn man
bedenkt, dass beim Starten der Anlasser die Bordspannung in die Knie zwingt,
dann kommt man sehr schnell zu der Erkenntnis :
"Die alte Maschine springt schlecht an - ewig nasse Zündkerzen etc. etc."
Der Anlasser hat mit den Übergangswiderständen übrigens auch seine liebe Not.
Er dreht natürlich etwas langsamer als "früher", was den Startvorgang auch nicht gerade verbessert.
Was passiert nun als erstes wenn die Fuhre schlecht startet ?
Vergaser einstellen oder reinigen + einstellen, Ventile einstellen, Zündungseinstellung kontrollieren,
Batterie laden oder ersetzen, Zündkerzen ersetzen oder sogar gegen Spezialtypen tauschen
und was weiß ich noch alles.
Am liebsten würde ich eine Umfrage starten, wie viel Leute die Masseverbindungen als Fehlerursache
als “unwahrscheinlich“ abtun aber alle anderen Möglichkeiten ernsthaft untersuchen.
Das wärs erstmal,
Bis denne,
Horst