Der Trip liegt ja nun hinter mir und hier mal meine Erfahrungen.
Vorab: Es hat sich gelohnt!
Gebucht hatte ich den bei Hertzride in Malaga für eine Woche und es ging neben Stadtbesuchen u.a. in Cordoba und Sevilla an die portugiesische Küste.
Ich war ganz allein unterwegs, habe meist erst am Nachmittag ein Hotel gebucht und habe Tag für Tag entschieden, in welche Richtung es geht.
Das Motorrad wollte ich am Vortag der Anmietung buchen, doch man kann bei Hertzride leider nur anfragen, nicht buchen. Das war auf der Seite nicht ersichtlich.
Daher hatte ich erst in Malaga am Erstmiettag buchen können und damit fiel die SB-Versicherung weg (mind. 1 Tag vor Anmietung).
Als Motorrad hatte ich mich am Vortag gegen die Ducati und für die Africa Twin entschieden. Es gab aber beide nicht mehr, ich musste eine 1250GS nehmen, die ich zum Preis der AT bekam. Immerhin konnte ich mir eine davon aussuchen, meine Wahl fiel auf ein Anakee Adv-bereiftes Dekormodell.
Was auch in den AGBs nicht ganz klar wird: Sowohl bei VK, als auch bei TK-Schäden gelten neben der obligatorischen SB von 2000 Euro noch eine 30%-Klausel. Bei Diebstahl und Totalschaden wären demnach 30% des Wertes zu ersetzen, was an die 7000 Euro wären. Mir war das zuviel, zumal ich über Nacht auch mal auf der Straße stehen würde.
Hertzride bietet dagegen natürlich Zusatzversicherungen an, erst wollte man mir eine für etwa 300 Euro verkaufen, aber am Ende hatte ich eine mit SB von 1000 Euro zu rund 150 Euro.
Als zusätzliche Sicherung habe ich ein Bremsscheibenschloss benutzt und mir zweimal ne Tiefgarage geleistet, sonst stand die BMW auf einem Parkplatz oder an der Straße.
So konnte ich recht beruhigt sein und die Reise genießen. Die Kaution wurde mir schnell nach Rückkehr auf die Kreditkarte gebucht.
Zum Motorrad: Die BMW ist ein wirklich extrem schwer schiebbares Motorrad mit enorm störenden Zylindern im Beinbereich. Der Motor ist extrem laut im Ort, v.a. wird jedes Starten von folgendem Hundegebell begleitet, man schämt sich jedesmal ob der Lautstärke. Unglaublich. Morgens ganz zeitig aus ner TG in eine enge Altstadtstraße und man fühlt sich als asoziales A...loch.
Fahren tut es sich wirklich prima, die Stabilität bereits beim Wenden ist formidabel, der Motor läuft sauber, ohne feinnervige Vibrationen und ist genau richtig druckvoll und unterwegs soundmäßig okay. Die Scheibe hat eine gute Verstellmechanik, verwirbelt aber bei meiner Größe (1,91m). Ich fuhr mit normaler Sitzbank (bequem!) in hoher Position, ESA-Fahrwerk immer auf "Max", nach Sonnenuntergang auf "Auto". Ich bin zweimal stundenlang im Dunkeln bis nach 21 Uhr gefahren.
Warum verstellt? Weil es offenbar keine LW-Regulierung gibt, auf "Max" war die Scheinwerferreichweite zu kurz, auf "Min" blendet man übrigens, auf "Auto" perfekt.
Die vielen Knöpfe sind nicht hinterleuchtet, unglaublich bei dem Preis; aber nach 2 Tagen kann man blind den Tempomaten und auch den viel zu fipseligen Fernlichtschalter betätigen.
Der Quickshifter könnte einen Tick leichtgängiger sein, macht beim flotten Fahren aber süchtig. Die Handlichkeit kommt über den breiten Lenker und ist wirklich gut.
Die Reifen, anfangs halb runtergefahrene Anakee Adventure, am Ende (2000km) hinten ganz runter, waren auf Schotter wirklich gut (habe nur Straßenreifenvergleich), auf Asphalt war die bereits vorher eingefahrene Kante nervig, bei etwa 30° Schräglage hatte ich einen Kippeleffekt, ich fuhr nur selten bis laut Calimoto gut 35° bei meist kleinsten Straßen.
Am letzten Tag hatte ich mehrfach bei knapp 30°C bei deutlich weniger Schräglage Wegschmiergefühl, so dass ich anhielt und auf Ölverschmutzung untersuchte. Aber nix. Würde den Reifen real nicht so runterfahren.
Ein Schreckmoment: Die Bremse löste nach Beendigung der Betätigung nicht sofort. Ich befuhr zuvor eine enge Bergstraße, in Kurven bremste ich hinten oft mit. Für eine Pause fuhr ich mit etwa 60km/h in Richtung Schotterparkplatz und führte dann (nur hinten) eine ABS-Bremsung aus, um den Übergang von Asphalt zu Schotter unter ABS-Bedingung zu erfahren. Dynamic-Modus.
Erst regelte auf Schotter noch das ABS, dann blockierte jedoch das Hinterrad bei immer noch gut Tempo und es brach nach links aus. Reflexmäßig fuhr ich das rechte Bein zum Stützen aus, mehrere Meter vor dem Stopp, hatte also den Fuß von der Bremse. Dennoch stabilisierte sich die Fuhre nicht sofort, die Bremse löste offenbar nicht gleich, siehe Bild.
Das Schienbein schlug natürlich volle Kanone gegen den rechten Zylinder und ist noch nach 1,5 Wochen geschwollen.
Nach 15 Minuten erstmal geschoben, Bremse war aber frei, dann weiter.
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Genau so eine Erfahrung (solche Aktionen mache ich ja mit den eigenen Bikes auch, nie Probleme) verleidet mir die BMW und den sonst tollen Boxermotor. Ich brauche Platz für die Beine in solchen Fällen.
Das Vertrauen kam nach einiger Zeit zurück, aber solch ein Fahrzeug sollte man wohl nicht austesten, sondern zivil fahren. Dann funktioniert es prima.
Das Wenden für Videosequenzen im teils losen, tiefen Schotter am Straßenrand war aber auch haarig, da zeigt sich das Gewicht.
Die BMW-Variokoffer könnten größer sein, aber die Bedienung ist ein absoluter Traum. Der Hauptständer ist leichtgängig, aber zu schmal, beim Aufbocken kippelt die GS instabil. Der Tankdeckel geht zu schwer zu, das Einfüllloch unbequem hoch. 0 auf 100 habe ich nicht schnell hinbekommen. Die Wheeliekontrolle lässt zwar etwas Abheben zu, regelt dann aber unsanft. Ohne Wheelie kommt man kaum vom Fleck. Für 136 PS jedenfalls, denke, mit meiner CB500 bin ich bis 50 schneller auf Anhieb.
Toll, dass ich die sogar im Stehen gut fahren kann. Es waren so Rallye-Fußrasten verbaut, wo manchmal der Stiefel hängenblieb, was aber beim Stehen klasse war. Beim Stehen war das Schalten aber ätzend, ich bin da ja unerfahren. Bin bis etwa Tempo 70 auf Schotter gefahren, daher musste ich immer wieder mal Schalten (1-2-3-2-1) Würde da eine DCT-AT bevorzugen.
Also: Ein gutes Motorrad, das ich mir wieder mieten würde, besonders dann auch zu zweit. Für den Alltag aber für mich mit zu vielen Nachteilen, die auch auf Tour zutage traten.
Strecke: Rund um Sevilla war es öde, ansonsten ein Traum. 90% sehr kleine und kleinste Straßen, oft ohne Markierungen, teils 1h ohne ein Fahrzeug (auch ohne Gegenverkehr!).
Ich musste aber in Spanien die Temposchilder ignorieren, die stehen alle paar Meter.
Speziell in Portugal hat man das nicht und kann legal Gas geben.
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