Hi,
weil die Frage hier ja alle Paar Tage/Wochen erneut aufkommt habe ich gerade mal eine kurze Zusammenfassung geschrieben, die ich Neulingen empfehle um sich einen Überblick über die Motorentechnik und bedürftigen Stellen dieser Motoren zu informieren. Wenn Ihr lust habt könnt Ihr ja einzelne Arbeitsschritte mit Bildern ergänzen, oder ich mach' das in diesem Post. Dauert aber etwas.
Vorweg:
Bei CB Twins die länger standen, oder unter ungewissen Umgebungsbedingungen gelagert wurden (Pfeuchtigkeit?) oder einen ungewissen inneren Zustand des Motors haben, funktioniert es in meinen Augen sehr selten, mit starker Tendenz zu _nie_ die Motoren einfach in Betrieb zu nehmen ohne nach wenigen Kilometern einen kapitalen Motorschaden oder einen Motor ohne Leistung zu haben. Viele Threads zu diesem Thema haben meine Ansicht dahingehend bestätigt.
Also:
Du musst den Motor ausbauen, komplett zerlegen.
-Kupplungskorbexzenter (der Antrieb der Ölpumpe) und Ölbohrungen (zur Hauptwelle hin) überprüfen
-inneren und äußeren Kupplungskorb auf eingearbeitete Scheiben überprüfen
-alle Dichtungen und Simmerringe tauschen
-neue Steuerkette empfiehlt sich (im Boardshop verfügbar als standard DID, oder anderswo die Tsubaki BF05-94 verstärkte Steuerkette)
-neue Steuerkettenspannrollen (zumindest die große) sind absolut notwendig da die nach einigen Jahren zerbröseln -Zylinder auf Standspuren überprüfen und ggfs. leicht durchhonen lassen
-Ventilsitzringe neu fräsen und Ventile schleifen (mindestens ein Auslassventil, meistens alle beide haben nen leichtes Ding weg und dichten nicht mehr zuverlässig),
-Ventilfedern auf eingearbeitete Federteller überprüfen (i.d.R. erst ab 40000km vorzufinden)- hier arbeiten sich genannte Teile derartig ineinander ein dass die oberste Federwicklung dünn wird und wegbricht
-Kipphebel und Nockenwelle überprüfen (Lagersitze und Pitting, letzteres insbesondere an den Spitzen der Nocken vom Rand ausgehend) - die Kipphebel können an beiden Enden einlaufen und weisen dann Pitting auf
-Zündkerzengewinde ggfs. instandsetzen (nichts ist ärgerlicher als das zu vergessen)
->>und dann wieder zusammenbauen den ganzen Haufen.
Sind immer so 3 Tage Vollzeit mit Aus/Einbau, die dabei drauf gehen.
Weitere, aber eher seltene Defekte:
Manchmal ist auch noch die Ölpumpe selbst verschlissen weil sie zu viel Dreck gepumpt hat
Der Kolbenbolzen der Ölpumpe rutscht immer ganz gern ein bisschen und arbeitet sich dann in den Ölpumpenzylinder ein, desshalb klebe ich den mit Loctite 648 immer im Pleuel fest.
Ansonsten alles penibel reinigen, also unten das Ölabscheideblech rausholen, dann ordentlich durchspülen.
Dazu musst du die 2 oder 3 Stellen an denen es "vernietet" ist aufbohren, und hinterher Gewinde reinschneiden (M6), dann kann man es wieder festschrauben.
Gern ist auch noch das Kickstarterzahnrad an der axialen Feinverzahnung verschlissen bei Kickstarterhelden die den Kicker einfach runterprügeln statt mit Gefühl zu treten. Dann rutscht der, äußerst nervig.
Werkzeuge und Teile die man vorweg besorgen sollte:
-Dichtsatz
-Simmerringsatz
-die Steuerkettengleitschiene
-die Steuerkettenspannerrollen (zumindest die große)
-ordentliche Flüssigdichtung (Hylomar geht auch)
-den passenden 4Zahnschlüssel für die Ölzentrifuge (Todo: Bezeichnung?)
-eine m16x1.5 Abdrückschraube für den Lima Rotor, am besten Außensechskant, Mindestens 5cm lang, hohe Festigkeit
-gerade Seegeringzangen: einmal Aufspreizend, einmal normal (Ölzentrifuge, Kupplung), und optional eine kleine gewinkelte aufspreizende für die Kickstarterwelle.
Weitere Tipps:
Limarotor und Zentrifuge, ebenso wie Kettenritzel löse ich immer schon bevor ich den Motor ausbaue, dazu ist oft etwas Kraft nötig. Vor dem Ausbau ist es weiterhin praktisch wenn man den Anlasser und den Primärtrieb schon komplett demontiert hat, dann ist der Motor etwa 10kg leichter und man kann wunderbar an Kickstarterwelle und Anlasserauge greifen um ihn allein aus dem Rahmen zu heben. Hierbei den Motor erst etwas nach hinten und unten Kippen lassen, dann den Kopf nach oben rechts herauskippen, und dann parallel vorn wie hinten nach rechts herausheben.
Weiteres zum Motor:
Vergaser würde ich ersteinmal so lassen wie sie sind und gucken ob alles beweglich ist, oft zerlegen Leute die Dinger und müssen alles neu einstellen, das ist fummeliger als ersteinmal nur die Schwimmerkammern zu säubern und auszuprobieren. Ggfs. den Schwimmerstand überprüfen. Zum Testen ist es ersteinmal nicht schlimm wenn die Nadelventile nicht schließen und die Kammern daher überlaufen. Das ist besser als wenn kein Sprit im Motor ankommt.
Weiterhin empfehle ich die Luftfilter auf Filterschaum umzubauen, dazu benötigt man pro Filter etwa 5-6cm breite und 30cm lange Schaummatten, ich habe das in einem anderen Thread schonmal beschrieben.
Falls ich etwas vergessen habe/jemand etwas ergänzen möchte, schreibt mir am besten eine Nachricht, dann füge ich es hinzu.
Liebe Grüße und viel Spaß am Schrauben,
Ricardo